The Bureau of Melodramatic Research
High Heel Communism
Eröffnung / Opening: 9. Juni 2023, 19h
Performance Cry-Baby: How to Win Hearts and Influence People*, mit/with Irina Gheorghe und/and Mădălina Dan, 20h
Performance The Perfect Heel** mit/with Irina Gheorghe und/and Silvia Costin, 7. Juli 2023, 20h
High Heel Communism ist die erste große Präsentation der Arbeit des rumänischen Duos The Bureau of Melodramatic Research in Deutschland. Das Bureau of Melodramatic Research (BMR) wurde 2009 in Bukarest von den Künstlerinnen Irina Gheorghe (*1981) und Alina Popa (1982-2019) als ‚Institut‘ mit dem Ziel gegründet, Rolle und Funktionsweisen von Emotionen – Schlüsselelemente des Melodramas – in breiten sozialen Kontexten zu untersuchen. Dafür unterzieht BMR dieses subjektive, hochemotionale und im Innersten berührende Genre einer vielschichtigen Untersuchung. Das Melodrama ist dabei nicht nur Forschungsgegenstand, sondern auch Arbeitsmethode. Die Methodik des Bureau of Melodramatic Research, die Melokritik, macht sich zentrale Elemente des Melodrams als Methode der kritischen Interpretation und Intervention zu eigen. Emotion, Sentimentalität und Übertreibung werden zu Instrumenten eines sachlich-rationalen Forschungsansatzes, der den Widerspruch zwischen Affekt und Konzept durch unterschiedliche künstlerische Formate auflösen will.
Das Projekt High Heel Communism ist das erste Werk, dass das Bureau of Melodramatic Research nach dem frühen Tod von Alina Popa im Jahr 2019 realisiert. Es wurde noch gemeinsam von beiden Künstlerinnen in der letzten Phase ihrer Zusammenarbeit konzipiert und hatte eine erste Inkarnation als lebensgroßes Gruppenporträt. Für das Foto wurde die Größe von neun Frauen, die (in typisch post-kommunistischer Kleidung in den Farbtönen klassischer Hollywood-Melodramen) in einer Reihe stehen, mittels verschieden hoher Absätze vereinheitlicht. Diese Metapher der Gleichheit, durch das simple technologische (Hilfs-)Mittel der Absätze erzeugt, zeigt idealtypisch Anliegen und Methoden des Büros: Nämlich Instrumentarien zu entwickeln, die als Teil der Produktion von Stereotypen – hier von Weiblichkeit – bereits existieren und diese dann zum Anlass und Rahmen für weiterreichende Reflexion über gesellschaftspolitische Fragen auszubilden.
Für die Ausstellung im Kunstverein am Rosa-Luxemburg-Platz wurde das Konzept High Heel Communism zu einer Mixed-Media-Installation weiterentwickelt, die Fotografien, Schaufensterpuppen, Kostüme, Drucke, Performances sowie einen neu produzierten 16mm-Film umfasst. Der Film basiert auf älteren Filmmaterial von den Vorbereitungen zur Titel gebenden Fotografie und der Bukarester Ausstellungsversion Heart Beat Detection Systems, 2022. Ergänzt durch neue Aufnahmen, entwickelt er sich zu einer breit angelegten Reflexion über soziale Gleichstellung, Geschlechterrepräsentation und der Rolle des High Heels als symbolisches Instrument der Subversion.
Im Zusammenhang mit dem Film entstand die neue Performance The Perfect Heel mit Irina Gheorghe und Silvia Costin. Premiere: 7.Juli 2023, 20h.**
*Cry-Baby: How to Win Hearts and Influence People ist eine Performance, bei der Alina Popa und Irina Gheorghe mittels Zwiebelschneidens für eine beliebig lange Veranstaltungsdauer ununterbrochen weinen. Ergänzend zur Performance wurde der Cry-Baby-Guide als Papieredition produziert. Im Cry-Baby-Guide schlägt BMR eine neue ‚Etikette der Tränen‘ für gesellschaftlich unstatthafte Gefühlsausbrüche vor. Zu diesem Zweck liefert er eine Reihe von Anleitungen, wie man die Zwiebel verwenden kann, um eigene Emotionen im öffentlichen Raum zu orchestrieren. In Berlin wird das Werk von Irina Gheorghe und Mădălina Dan aufgeführt
**The Perfect Heel ist eine neu entwickelte Performance, die den unsichtbaren vertikalen Spuren mechanistischer Steig(er)ung via unterschiedlicher Absätze an Frauenschuhen auf der Suche nach neuen Formen von Gleichheit und Gemeinschaft folgt.
Bereits 2010 schlug das BMR anlässlich der offiziellen Eröffnung seiner Statistikabteilung in Chișinău, Moldawien, die Einführung eines neuen Indikators für die statistische Analyse vor: den Brutto-Nationalabsatz. Es wurden numerische Daten über die Höhe der Absätze aller weiblichen Passanten an fünf wichtigen Orten in der Stadt innerhalb einer Zeitspanne von jeweils dreißig Minuten erhoben. Damit wurde eine Lücke in den offiziellen Studien aufgezeigt und die Rolle, die der Indikator „Brutto-Nationalabsatz“ bei weiteren Bewegungen in Richtung Gleichstellung der Geschlechter spielen könnte. Im Jahr 2022 brachte High Heel Communism eine weitere Entwicklung in der Verwendung des Absatzes als Mittel der melodramatischen Untersuchung, indem er sich von einem Instrument der statistischen Forschung zu einem Mittel wurde, mittels dessen das BMR hofft, einen eigenen Beitrag zu einer internationalen Theorie des Kommunismus zu leisten.
Mădălina Dan ist eine rumänische Tänzerin und Performerin aus Berlin. Ihre Arbeit wurden in zahlreichen internationalen Ausstellungen und Festivals gezeigt, u.a. in Bozar; Brüssel, Hebbel am Ufer & Tanzfabrik, Berlin; Tanzquartier Wien; Springdance Festival, Utrecht, Southbank Center & Chisenhale Dance Space; London
Das Bureau of Melodramitic Research (Büro für melodramatische Forschung, kurz: BMR) wurde 2009 von Irina Gheorghe (geb. 1981) und Alina Popa (1982-2019) gegründet. Arbeiten des Bureaus wurden in zahlreichen Gruppenausstellungen gezeigt, u.a. im National Museum of Contemporary Art Bukarest; HOME Manchester; Pratt Manhattan Gallery, NY; Times Museum, Guangzhou; SAVVY Contemporary, Berlin; Martin Gropius Bau, Berlin; TRAFO, Budapest; bak: basis voor aktuele kunst, Utrecht; mumok Kino, Wien. Außerhalb des BMR arbeitet Irina Gheorghe vor allem mit Performance, in Kombination mit Installation, Collage, Fotografie, Sound oder Video. Thematisch kreisen ihre Arbeiten um den Versuch, über Dinge jenseits unserer Wahrnehmungsmöglichkeiten zu sprechen – von extraterrestrischen Lebensformen zu hypothetischen Planeten. Alina Popa, die zunächst Finanzwirtschaft studierte, konzentrierte sich in ihrer künstlerischen Forschung auf Affekttheorie, konkret die Beziehung zwischen Neoliberalismus und Melodrama und die ideologischen Verbindungen zwischen Bergsteigen und Nationalismus. Sie hatte Ausstellungen und Performances u.a. im MUMOK, Wien; DEPO, Istanbul und Martin Gropius Bau, Berlin.
EN
High Heel Communism will be the first large-scale presentation of the work of the Romanian duo The Bureau of Melodramatic Research in Germany. The Bureau of Melodramatic Research (BMR) was founded in 2009 in Bucharest by artists Irina Gheorghe (b. 1981) and Alina Popa (1982-2019) as an institution whose aim is to investigate the role of emotions, as key elements of melodrama, in a wider social context. In the Bureau’s practice, a subjective, affected and highly emotional genre is brought into the space of a rigorous investigation. Melodrama provides not only a subject for research, but also a working method.
The project High Heel Communism is the first work developed by The Bureau of Melodramatic Research after Alina Popa’s premature death in 2019. The idea of equality produced with the technological support of the heel is in keeping with the Bureau’s concerns and methodologies: an instrumentarium belonging to the production of a stereotypical image of femininity provides the context for a reflection on wider socio-political themes.
For the exhibition at the Kunstverein, the project was developed into a mixed media installation including photographs, mannequins, costumes, prints, performances, as well as a newly produced 16mm film. The film starts from existing footage from the shooting of the titular photograph and the opening performance at the exhibition Heart Beat Detection Systems in Bucharest 2022. From there it expands into a wider reflection on ideas of social equality, gender representation and the role of the high heel as a symbolic instrument of subversion.
A new performance was developed in connection with the film. Premiere with Irina Gheorghe and Silvia Costin on 7 July 2023, 20h **
** The Perfect Heel is a newly developed performance follows the invisible vertical trajectories of technological elevation through heels of different heights on women’s shoes in search of new forms of community and equality.
Back in 2010, marking the official launch of its department of statistics in Chișinău, Moldova, the Bureau of Melodramatic Research proposed the introduction of a new indicator of statistical analysis, the Gross National Heel. Numerical data was gathered with regard to the height of the heels of all female passers-by in five key locations in the city within a time span of thirty minutes each, thus signaling a gap in official studies, and the role that the Gross National Heel indicator might play in further movements toward gender equality. In 2022, High Heel Communism brought a further development in the use of the heel as a means of melodramatic investigation. From a tool of statistical research with a national range of action, the heel becomes a device through which the Bureau hopes to provide its own contribution to an international theory of communism
*Cry-Baby: How to Win Hearts and Influence People: Cry-Baby: How to Win Hearts and Influence People is a performance in which the Bureau’s founders, Alina Popa and Irina Gheorghe, would cry continuously with the help of onions for the duration of any event in which the work would be shown. In addition to the performance, the Cry-Baby guide was produced as a work on paper, containing a set of instructions on how to use onion to control one’s display of emotions in the public space. In the Cry-Baby guide, BMR proposes a new etiquette of tears for socially forbidden outbursts. In Berlin the work will be performed by Irina Gheorghe and Mădălina Dan.
Mădălina Dan is a Romanian dancer and performer based in Berlin. Her work has been shown in numerous exhibitions and festivals including in Bozar; Brussels, Hebbel am Ufer & TanzFabrik, Berlin; Tanzquartier Wien; Springdance Festival, Utrecht; Southbank Center & Chisenhale Dance Space, London
The Bureau of Melodramitic Research (BMR for short) was founded in 2009 by Irina Gheorghe (b. 1981) and Alina Popa (1982-2019). Work by the bureau has been shown in numerous group exhibitions, including at the National Museum of Contemporary Art Bucharest; HOME Manchester; Pratt Manhattan Gallery, NY; Times Museum, Guangzhou; SAVVY Contemporary, Berlin; Martin Gropius Bau, Berlin; TRAFO, Budapest; bak: basis voor aktuele kunst, Utrecht; mumok Kino, Vienna. Outside the BMR, Irina Gheorghe works mainly with performance, in combination with installation, collage, photography, sound or video. Thematically, her works revolve around the attempt to speak about things beyond our perceptual possibilities – from extraterrestrial life forms to hypothetical planets. Alina Popa, who initially studied finance, focused her artistic research on affect theory, specifically the relationship between neoliberalism and melodrama and the ideological connections between mountaineering and nationalism. She has had exhibitions and performances at MUMOK, Vienna; DEPO, Istanbul and Martin Gropius Bau, Berlin, among others.
Exhibition, film and performances have been made possible with the support of: