petrichor, Vikenti Komitski

Einweihung / Inauguration: 16.09.23, 13-18 h
Eine Installation im Foyer des L40 / An installation in the foyer of L40

Wenn im Sommer leichter Regen auf Pflanzen und von der Sonne erwärmte Straßen trifft, entsteht ein ganz besonderer Geruch: Petrichor. Ein Geruch, der intensiv an schöne Sommererlebnisse erinnert und zugleich die einer Erinnerungen stets innenwohnende Melancholie mit sich trägt. Vikenti Komitskis Installation gleichen Namens im Foyer des L40 folgt dieser Spur und verbindet sie mit der Traurigkeit, die speziell durch die Entfremdung und Einsamkeit im modernen, industrialisierten Leben entsteht.

Im Zentrum der Arbeit steht ein verfremdeter Leuchtkasten mit der Abbildung einer Weltkugel und dem Zusatz Weltschmerz. Es stammt aus dem Berliner Hotel Mondial am Kurfürstendamm 47, das vor einiger Zeit abgerissen und durch ein Bürohaus ersetzt wurde. Tatsächlich erinnert Komitskis Installation an die Lobby eines Bürogebäudes oder eben eines Hotels. Diese allerdings sind nicht auf Hochglanz poliert, sondern eher in einem gebrauchten Zustand.

Quasi als Kommentar oder Erklärung verweist auf der anderen Seite des Raumes eine Tapete mit Motiven aus dem Buch Illustrations of Madness von John Haslam aus dem Jahr 1810 auf eben jene Moderne, die damals ihren Anfang nahm und sich heute sich mit zunehmender Geschwindigkeit selbst überschreibt.  Haslams Buch enthält die erste psychiatrische Beschreibung einer sog. Beeinflussungsmaschine, also einer fiktiven technischen Apparatur, auf deren verborgene Einwirkung psychotische Patienten ihre Erlebnisse der Fremdsteuerung zurückführen. Abgebildet ist ein Mann verstrickt in eine Maschinen ähnliche Konstruktion, die an Proto-Computerserver also quasi eine Büroumgebung erinnert.

Inzwischen haben Technologien – von der Elektrizität, übers Telefon bis zum Laser – als Ursache psychischer Störungen die zuvor als externe Verursacher identifizierten Teufel und Dämonen in der Psychopathologie abgelöst. Diese skurrile Parallelgeschichte der Technik im paranoiden Wahn erfährt eine gewisse Korrektur durch ein gewaltig X, das sowohl im Bild wie real im Raum erscheint. In Verbindung von Zeichen und Bildzitat entsteht eine gewisse Ambiguität, die Vorstellungen von unsichtbaren Prozessen und Kontrollmitteln, die die Realität formen, evoziert und gleichzeitig löscht. Zurück bleibt das Gefühl einer „tiefen Traurigkeit über die Unzulänglichkeit der Welt“  – eben jener nur auf Deutsch existierende Weltschmerz. (Jean Paul)


EN: In summer, when light rain hits plants and streets warmed by the sun, a very special smell is created: Petrichor. A smell that intensely recalls beautiful summer experiences and at the same time carries with it the melancholy that is always inherent in memories. Vikenti Komitski’s installation of the same name in the foyer of the L40 follows this trail and connects it with the sadness that arises specifically from alienation and loneliness in modern, industrialised life.

At the centre of the work is an alienated light box with an image of a globe and the word Weltschmerz. It comes from Berlin’s Hotel Mondial at Kurfürstendamm 47, which was demolished some time ago and replaced by an office building. Indeed, Komitski’s installation is reminiscent of the lobby of an office building or indeed a hotel. These, however, are not polished to a high sheen, but rather in a used condition.

On the other side of the room, a wallpaper with motifs from the book Illustrations of Madness by John Haslam from 1810 refers, as a commentary or explanation, to the very modernity that began at that time and is today overwriting itself with increasing speed. Haslam’s book contains the first psychiatric description of a so-called influence machine, i.e. a fictitious technical apparatus to whose hidden influence psychotic patients attribute their experiences of external control. A man is depicted entangled in a machine-like construction, reminiscent of a proto-computer server, i.e. a quasi office environment.

In the meantime, technologies – from electricity to telephones to lasers – have replaced the devils and demons previously identified as external causes in psychopathology as the cause of mental disorders. This bizarre parallel history of technology in paranoid delusion is somewhat corrected by a massive X that appears both in the image and in real space. Combining sign and image quotation, a certain ambiguity emerges that evokes and simultaneously erases notions of invisible processes and means of control that shape reality. What remains is the feeling of a „deep sadness at the inadequacy of the world“ – precisely that Weltschmerz that exists only in German. (Jean Paul)

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