GAS Kollektiv, Gebt Allen Sozialleistungen

Projektion / projection: 16.1. – 20.1.2025
Zeiten / hours:  Sonnenuntergang bis -aufgang / dusk to dawn

Während unseres Umzugs sorgt das Gas Kollektiv dafür, dass Sie nicht auf Kunst verzichten müssen. Zwischen Donnerstagabend und Montagmorgen präsentiert GAS die Lichtinstallation Gebt Allen Sozialleistungen auf den Fenstern des Kunstvereins am Rosa-Luxemburg-Platz, sichtbar von der Kreuzung Torstraße und Rosa–Luxemburg–Straße.

Gebt Allen Sozialleistungen ist eine kontinuierliche Videoschleife von Akronymen der Buchstaben G, A und S, bei der sich die Buchstaben zu Phrasen, Slogans und Maximen entfalten, die zwischen Sinn und Unsinn oszillieren. Diese kaskadierenden Aussagen – von banal und profan bis hin zu einer Art pseudo-tiefer Bedeutung – gewinnen ihre Kohärenz durch die schiere Beliebigkeit ihrer Verbindung mit dem Wort „Gas“. Gleichzeitig spiegeln sie die wandelbare Natur des Aggregatzustands wider und verweisen auf die etymologische Nähe des Begriffs zum Konzept des „Chaos“, das erstmals von van Helmont in die wissenschaftliche Terminologie eingeführt wurde. Die Buchstaben bilden vorübergehend schwache Cluster von Bedeutung, verblassen und formen sich kurzzeitig zu ihren elementaren Bestandteilen zurück, bevor sie sich in neue, flüchtige Botschaften auflösen.
Das Spiel mit der doppelten Bedeutung des Fensters – sowohl als transparente Öffnung als auch als architektonische Barriere – entfaltet sich an dieser fragilen Grenze maximaler Einschließung. Weder eindeutig esoterisch noch exoterisch in seiner Botschaft, vereint die Installation – sichtbar von einer der prominentesten Einkaufsstraßen Berlins – die mantraartige Lässigkeit und behauptete Aufwertung einer Werbetafel mit dem flüchtigen, gleitenden Charakter jener Befehle und unbewussten sprachlichen Fragmente, die uns in unserer Einsamkeit durch die Stadt begleiten. Die Glasoberfläche der Projektion wird zum zarten Medium für diese Bedeutungsaneignungen und -verteilungen – ein Schnittpunkt für die Allgegenwart von Gas als unsichtbarem Element, das jeden Raum durchdringt, und die verschiedenen Formen seiner Eindämmung, sei es als Genussmittel oder infrastrukturelle Notwendigkeit.
Die Frage der Distribution – was verteilt wird und was von einer Quelle nach der Verteilung übrig bleibt – steht im Mittelpunkt der laufenden Praxis des GAS Kollektivs (Daniel Gottlieb, Jackie Grassmann und Markus Ernst Stein). Diese umfasst die kollektive Komposition von Heften und Romanen, den Einsatz verschiedener Drucktechniken, darunter veraltete wie den Matrizen-Druck, sowie Video- und Audioarbeiten; kurz gesagt, verschiedene Medien, in denen Verteilung stattfindet und sich auflöst. Gebt Allen Sozialleistungen ist Teil einer umfassenderen Präsentation der Aktivitäten des Kollektivs aus den letzten zwei Jahren in der KM Berlin am Mehringdamm. Im Mittelpunkt steht das kollektive Serienromanprojekt GAS, oder eine kontinuierliche Reise in zehn Entgleisungen mit den Autor:innen Verena Buttmann, Sophia Eisenhut, Jan Erbelding, Heike Geißler, Daniel Gottlieb, Jackie Grassmann, Max Grau, Olga Hohmann, Romy Rüegger, Annette Weisser.

ENG: While we’re on the move, the GAS collective will ensure that you don’t have to do without. Between Thursday and Monday, the collective GAS presents their thought-provoking light installation Gebt Allen Sozialleistungen on the windows of the Kunstverein am Rosa–Luxemburg–Platz, visible from the intersection of Torstraße and Rosa-Luxemburg-Straße.
Gebt Allen Sozialleistungen is a continuous video loop of acronyms of the letters G, A and S, with the letters unfolding into phrases, slogans and maxims of various sense and nonsense. These cascading statements—ranging from the banal and profane to a kind of pseudo-profundity—derive their coherence from the sheer arbitrariness of their connection to the word “gas.” At the same time, they reflect the mutable nature of the state of matter itself and its etymological link to the concept of “chaos,” first introduced by van Helmont into the scientific lexicon. Letters momentarily form faint clusters of meaning, fade away, and briefly recombine into their elemental components, only to dissolve into new, ephemeral messages.

Playing with the dual significance of the window as a transparent opening and architectural barrier, the density and diffuseness of the installation’s play with meaning takes place on this most fragile limit of maximal enclosure. Undecidedly esoteric or exoteric in message, the installation’s visibility from one of Berlin’s most prominent commercial streets has all the empty mantric laxity of and the valorisation performed by the proclamations of a billboard, as well as the fugitive, slipping sense of those commands and unconscious verbal fragments that accompany us in our solitude through the city. The glass surface of the projection becomes a faint medium for these appropriations of meaning and distributions of meaning, a crossing point for Gas’ pervasiveness as the invisible element permeating all space, and the various forms of its containment, whether as a recreational product or infrastructural necessity. 

The question of distribution – what distributes and what is left of a source upon its distribution – stands at the centre of the ongoing practice of the GAS Kollektiv (Daniel Gottlieb, Jackie Grassmann and Markus Ernst Stein). It features the collective composition of Hefte and novels, deploying a variety of printing techniques, some of them antiquated like the mimeograph, video and audio work; various media, in short, where distribution occurs and frays. Gebt Allen Sozialleistungen is part of a larger presentation of the collective’s activities from the last two years at KM Berlin at Mehringplatz Here the collective serial novel project GAS, oder eine kontinuierliche Reise in zehn Entgleisungen is the centrepiece. Authored by Verena Buttmann, Sophia Eisenhut, Jan Erbelding, Heike Geißler, Daniel Gottlieb, Jackie Grassmann, Max Grau, Olga Hohmann, Romy Rüegger, Annette Weisser.

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GAS, oder eine kontinuierliche Reise in zehn Entgleisungen
 eröffnet am 18. Januar mit einer  lecture performance von Marten-Quirin Korte.

GAS, oder eine kontinuierliche Reise in zehn Entgleisungen
 opens on January 18 with a lecture performance by Marten-Quirin Korte). 

Der Kunstverein zieht um!

Im Januar und Februar 2025 sind wir deshalb für Renovierungsarbeiten geschlossen. Im März 2025 feiern wir die Eröffnung unseres neuen Standorts in der Rosa-Luxemburg-Straße 45 mit einer Einzelausstellung von Alexandra Hopf. Bis dahin wünschen wir frohe Festtage!

Völkerfreundschaft */* Access All Areas (AAAAAAAAA), Eric Meier

Eröffnung / Opening: 14.9.2024, 14-18 h

Ausstellung / Exhibition: 14.9. – 31.3.2025
Öffnungszeiten / Opening hours: 24/7 (Völkerfreundschaft) / Do-Sa 14-18 h*

Die Installation Völkerfreundschaft befindet sich auf der Grünfläche zwischen Almstadt- und Rosa-Luxemburg-Straße, Access All Areas (AAAAAAAAA) im Foyer des Kunstvereins. / The sculpture is located on the public green between Almstadt- and Rosa-Luxemburg-Straße, Access All Areas (AAAAAAAAA) in the foyer of the Kunstverein.

In den Werken Völkerfreundschaft und Access All Areas (AAAAAAAAA) greift Eric Meier die Dynamik des Unfertigen, Prozesshaften und des politischen Statements auf. Völkerfreundschaft ist eine Bodeninstallation, die durch ihre bewusst unfertige, provisorische Anmutung sowohl dystopische Elemente der DDR-Vergangenheit als auch utopische Visionen zukünftigen Zusammenlebens reflektiert. Der Einsatz von fusionierten Glasskulpturen und Betonelementen verstärkt diesen zeitlichen Schwebezustand zwischen Vergangenheit und Zukunft.

Diese Idee des Unvollendeten hat ein Echo in der Wandarbeit Access All Areas (AAAAAAAAA), die den Anarchiegedanken und die Frage nach Zugänglichkeit thematisiert. Wie ein Slogan, als wäre er von Jugendlichen in den Raum geworfen, greift das Werk politische Gesten auf und hinterfragt dabei gesellschaftliche Strukturen in einer Zeit wachsender Unsicherheit.

Beide Werke vereint eine für den Künstler typische ironische Auseinandersetzung mit Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft, wobei sie auf unterschiedlichen Ebenen die Frage nach Zugehörigkeit und Zugang in der modernen Gesellschaft stellen.

Meiers Fotografien, Skulpturen und Videoarbeiten zeigen stets urbane Räume und Fragmente, in die sich Zeichen der postsozialistischen Transformation und der Verlust gesellschaftlicher Utopie eingeschrieben haben. Fotografien werden dabei zu Indikatoren von Wandel, die gleichermaßen von individuellen Mythologien wie kollektiven Umkodierungen oder Überformungen zeugen. Dies setzt sich in Meiers Installationen fort, die seine fotografische Arbeit mit Räumen aus Waschbeton, Second-Hand-Textilien und fusioniertem Glas verbinden. Dabei öffnet sich ein dritter, ästhetischer Raum, der irgendwo zwischen Utopie und Dystopie angesiedelt ist. Meiers Rhetorik ist vielschichtig, aber agiert nicht im Verborgenen. Themen des Scheiterns, des Verlustes, oder sozialer Identität ist der Arbeit inhärent. Er legt den Status-Quo des Umgangs mit städtischen wie medialen öffentlichen Räumen offen, in denen Verrohung und Vernachlässigung oft Teil der Realität ist.

Eric Meier( *1989 in Berlin, DDR, aufgewachsen in Frankfurt an der Oder) lebt in Berlin. Meier studierte an der Ostkreuzschule für Fotografie Berlin, Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig und an der Universität der Künste Berlin

Kuratiert von Susanne Prinz.

In his new works Völkerfreundschaft and Access All Areas (AAAAAAAAAAA), Eric Meier picks up on the dynamics of the unfinished, the processual and the political statement. Völkerfreundschaft is a floor installation that reflects both dystopian elements of the GDR past and utopian visions of future coexistence through its deliberately unfinished, provisional appearance. The use of fused glass sculptures and concrete elements reinforces this temporal limbo between past and future.

This idea of the unfinished is echoed in the wall piece Access All Areas (AAAAAAAAA), which thematises the idea of anarchy and the question of accessibility. Like a slogan, as if literally thrown into the room by young people, the work picks up on political gestures and questions social structures in a time of growing insecurity.

Both works are united by an ironic examination of the past, present and future, posing the question of belonging and access in modern society on different levels.

Eric Meier’s photographs, sculptures, and video works consistently depict urban spaces and fragments that bear the marks of post-socialist transformation and the loss of societal utopia. His photographs become indicators of change, reflecting both individual mythologies and collective re-codings or overwrites. This theme extends into Meier’s installations, which integrate his photographic work with spaces made of exposed aggregate concrete, second-hand textiles, and fused glass. These installations create a third, aesthetic space situated somewhere between utopia and dystopia. Meier’s rhetoric is multilayered, yet it does not operate in secrecy. Themes of failure, loss, and social identity are inherent in his work. He exposes the status quo of how urban and media-driven public spaces are treated, where coarsening and neglect are often part of the reality.

Eric Meier (born 1989 in Berlin, GDR, and raised in Frankfurt an der Oder) lives in Berlin. Meier studied at the Ostkreuz School of Photography in Berlin, the Academy of Fine Arts Leipzig, and the Berlin University of the Arts.

Curated by Susanne Prinz.

* an gesetzlichen Feiertagen geschlossen / closed on public holidays

Unterstützt von / supported by IBAUmbh, Berlin.