TINY DATA CASINO, Katja Marie Voigt mit Croupier Ioannis Orwol

SONNTAG/SUNDAY 15.12.24 | 16:30 -21:00 h

Im Kartenspiel zum Selbstwert geht es um konsequente Einschätzungen seiner selbst und der Spielpartner*in. Es werden Bewertungen auf der Basis eines psychologischen Persönlichkeitsscore, dem ocean-Score, abgegeben. Spielanalage und Spielidee verkehren konsequent Strategien anonymer digitaler Fremdbewertungen durch authentische Selbst- und Fremdwahrnehmungen in ihr Gegenteil. Besucher*innen sind eingeladen, das Karten- spiel zum Selbst/Wert im Tiny Data Casino zu spielen. Unter Anleitung eines Croupiers werden sie fesselnd durch das Spiel geführt.

Ausführliche Auseinandersetzungen mit digitaler Manipulation führten zur Entwicklung dieses analog durchzuführenden Spiels zu Selbst- und Fremdbewertung. Wie viel Selbstwert steckt tatsächlich in fünf schwarzen Bewertungssternchen? Wie können Bewertungsstrategien als Prozesse erlebt werden, die jeder selbst vornehmen kann? Im Kartenspiel zum Selbstwert werden empirisch erhobene, anonyme Bewertungsprozesse aufgegriffen und umgedeutet.

Der Übergang von digitalen Bewertungsprozessen zu einem analogen Spielkonzept wurde durch eine eingehende Auseinandersetzung mit digitaler Manipulation angestoßen. So entstanden Fragen wie: Wie viel Selbstwert steckt tatsächlich in fünf schwarzen Bewertungssternchen? Denn: Individuen können permanent online als gut oder schlecht bewertet werden – sei es die* Uber-Fahrer*in mit drei Sternen oder die* Verkäufer*in via shitstorm. Hier manifestiert sich eine nicht greifbare Macht von Menschen, die andere Menschen bewerten. Ebenso sind die bewertenden Einzelnen gleichzeitig anonyme Individuen einer bewerteten Menge von gleichfalls namenlosen Menschen: Wie bewusst möchte man sich dieser Mechanismen sein – oder werden? Im Kartenspiel zum Selbstwert werden empirisch erhobene, anonyme Bewertungsprozesse aufgegriffen und umgedeutet.  So wachsen Datenmassen an, was oft als unabänderliche Gegebenheit unserer medial vernetzten Welt akzeptiert wird.

In herkömmlichen psychologischen Kontexten wird ein Score für ein Individuum mit Hilfe eines Fragebogens ermittelt. Der O-C-E-A-N- Score als solch ein Instrument wurde bereits in den 1930er Jahren entwickelt und gelangte erneut in den Fokus der Aufmerksamkeit durch das Vorgehen der Firma ‚Cambridge Analytica‘, die aus dem „Big Data“- Stock von mehreren hundert Millionen Wahlberechtigten (z.B. für die Präsidentschaftswahlen 2016 in den USA) je einen persönlichen Score generierte, der Aussagen über Aufgeschlossenheit (O), Gewissenhaftigkeit (C), Extravertiertheit (E), Empathie (A) und Verletzlichkeit (N) erlaubte. Somit konnten gezielt einzelne Menschen in ihrem Verhalten bewertet sowie durch personalisierte Kampagnen manipuliert werden. Es gab dazumal bekanntlich einen individualisierten, quantifizierten Score pro Person. Im Kontrast zu anonymen Fremdbewertungen verkehrt das vorliegende Kartenspiel zum Selbstwert manipulative Dynamiken in ihr Gegenteil.

Die fünf Dimensionen der Persönlichkeitsbewertung nach dem O-C-E-A-N Score liegen zwar ebenfalls dem „Kartenspiel zum Selbstwert“ zugrunde, und wie bei Cambridge Analytica nutzen hier Menschen ein empirisch validiertes Instrument als Basis für die Einschätzung einer* Anderen. Das vorliegende Spiel nutzt die Bewertung von Persönlichkeitsmerkmalen jedoch im Gegensatz zu gezielten Kampagnen für ein selbst gestaltetes Beziehungsspiel, das sich aus einer erlebten Kontaktsituation zwischen zwei Personen ergibt. Diese im Spiel gegenseitig erhobene „Evaluation“ einer Zweierbeziehung dient gerade nicht der Zuschreibung einer besonders negativen oder positiven Charaktereigenschaft, die für Werbezwecke genutzt werden kann, sondern zur spielerischen Erkundung und zum Aufspüren einer Fährte: Wie agieren zwei Menschen in einer besonderen Situation miteinander, und wie führen sie miteinander Dialoge? Das spielerische Momentum besteht in der allmählichen „Aufdeckung“ der Schritte impliziter Bewertungen, die normaler Weise schnell und unreflektiert ablaufen.

Kaja Marie Voigt — http://www.katjamarievoigt.com/

Instagram: @katjamarievoigt #katjamarievoigt #tinydata

ENG:

The card game on self-worth revolves around consistent evaluations of oneself and one’s fellow players. These evaluations are based on a psychological personality score, the OCEAN score. The game’s design and concept deliberately invert the strategies of anonymous digital evaluations by replacing them with authentic self- and other-perceptions. Visitors, guided by a croupier, are invited to play the card game on self-worth at the Tiny Data Casino. 

In-depth explorations of digital manipulation led to the development of this analog game for self- and other-evaluation. How much self-worth is truly represented by five black rating stars? How can evaluation strategies be experienced as processes that each individual can undertake? The card game on self-worth takes empirically derived anonymous evaluation processes and reinterprets them.

The transition from digital evaluation processes to an analog game concept was prompted by a thorough examination of digital manipulation. This sparked questions such as: How much self-worth is truly represented by five black rating stars? After all, individuals are constantly rated online as good or bad – whether it’s the Uber driver with three stars or the salesperson targeted by a shitstorm. Here, an intangible power emerges: people evaluating other people. At the same time, the evaluating individuals are themselves anonymous members of a group of equally nameless people being evaluated. How aware does one want to be—or become—of these mechanisms? The card game on self-worth takes empirically derived anonymous evaluation processes and reinterprets them. In this way, masses of data grow, which is often accepted as an unchangeable reality of our media-connected world.

In traditional psychological contexts, a score for an individual is determined through a questionnaire. The OCEAN score, one such tool, was developed in the 1930s and regained prominence through the actions of the company Cambridge Analytica. This company generated personal scores for hundreds of millions of voters (e.g., for the 2016 U.S. presidential elections) using a ‘Big Data’ repository. These scores provided insights into openness (O), conscientiousness (C), extraversion (E), agreeableness (A), and neuroticism (N). As a result, individual behavior could be evaluated and manipulated through personalized campaigns. At that time, there was a quantifiable, individualized score per person. In contrast to anonymous external evaluations, the card game on self-worth reverses these manipulative dynamics.

The five dimensions of personality evaluation according to the OCEAN score also form the foundation of the ‚Card Game on Self-Worth.‘ Like with Cambridge Analytica, players use an empirically validated tool as the basis for evaluating another person. However, unlike targeted campaigns, this game uses the evaluation of personality traits for a self-created relationship game that emerges from an experienced interaction between two people. This mutual ‚evaluation‘ of a dyadic relationship within the game does not aim to attribute particularly negative or positive character traits for advertising purposes. Instead, it serves as a playful exploration and a way to uncover clues: How do two people interact in a unique situation, and how do they engage in dialogue? The playful element lies in gradually ‚revealing‘ the steps of implicit evaluations that typically happen quickly and without reflection.

Kaja Marie Voigt — http://www.katjamarievoigt.com/

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